INHALT
DAS SCHAMANISCHE WELTBILD – EINGEBUNDEN IN DIE JEWEILIGE KULTUR
Sicher ist der Schamanismus in das Weltbild der jeweiligen Kultur eingebunden, in der der Schamane lebt und tätig ist. Einen Punkt jedoch hat das schamanische Weltbild wohl rund um die Erde gemeinsam: alles ist beseelt. Das heißt, man kann mit allem kommunizieren: mit dem Hund, dem Baum, dem Kristall, dem Kugelschreiber, der Tablette, einem Haus, einem Apfel und so weiter.
ALLES IST EINS
Ich selbst gehe allerdings noch weiter. Und hier zeigt sich ganz grundlegend der andere Zugang zum Schamanismus, wenn man nicht an Traditionen gebunden ist.
Meine Geister haben mir eine ganze Weile das Buch „Gespräche mit Gott“ von Neale Donald Walsch ans Herz gelegt. Immer wieder fiel mir dieses Buch ins Auge, wenn ich in einer Buchhandlung war. Und ich habe es immer wieder links liegen gelassen, weil ich den Titel furchtbar langweilig und auch zu religiös angehaucht fand.
Nach etlichen Besuchen der Buchhandlung nahm ich es dann doch irgendwann in die Hand und … konnte es nicht mehr aus der Hand legen. Abgesehen von all den anderen Gedanken, die in diesem Buch im Plauderton zur Sprache kommen, ist ein Gedanke zentral: Alles ist eins.
Dieser Gedanke hat meine Perspektive auf das Leben und auch auf meine Situation so geändert wie nichts anderes. Er fand leicht Zugang zu meinem Herzen, weil er da ohnehin schon existierte und ich diese Einheit allen Seins tief in mir spüre.
Alles ist eins geht weit über den Gedanken der Verbundenheit von allem was ist hinaus. Es gibt nur das Eine und nichts anderes. Das heißt, jeder Mensch, jedes Tier, jede Pflanze, jeder Stein und jeder Gegenstand, ebenso wie alle geistigen Wesen sind alles Anteile des einen selben Dinges, das alles ist.
Für mich gehören folgende Sätze zusammen:
Alles ist eins.
AllEs und ich sind eins.
AllEs ist ich.
Ich bin AllEs.
Ich bin alles.
Über das Eine Sein, die Implikationen und deren Auswirkungen auf das alltägliche und praktische Leben gibt es so viel zu sagen, dass es ein ganzes Buch füllen könnte.
TOD UND LEBEN
Für Schamanen ist es klar, dass es nur das Leben gibt. Der Tod als Zustand existiert nicht. Es gibt Übergänge von einem Zustand in einen anderen, z.B. in den Zustand mit und ohne und wieder mit einem Körper.
Vater Tod hilft dabei, über die Schwelle zu gehen. Als geistige Wesenheit gibt es den Tod durchaus.[1] Er ist nach meiner Erfahrung ein sehr liebevolles und weises Wesen. Doch er hilft nicht nur beim Übergang vom Leben mit Körper in ein Leben ohne Körper, sondern auch bei den vielen Toden, die wir innerhalb unserer Inkarnation erfahren.
Bitten wir Vater Tod um Hilfe, wenn es darum geht, eine ungeliebte Arbeit, schädigendes Verhalten oder negative Gedanken oder auch eine Beziehung, die keiner der beteiligten Seelen mehr dient, loszulassen, dann unterstützt er uns gern. Das Loslassen wird leichter, weil er die entsprechenden Verbindungen kappt. Er hat ja seine Sense dabei.
Während meiner Entwicklung zur Schamanin musste ich viele Tode sterben. Immer wieder war ich aufgefordert, alles loszulassen, damit ich mich erneuern konnte und auch damit ich nicht so sehr an irdischen Dingen hänge.
Der Tod sucht uns immer dann auf, wenn es darum geht, das Leben, die Lebendigkeit und die Entwicklung der Seele zu unterstützen. Das klingt vielleicht befremdlich, lässt sich aber leicht erklären.
Manchmal hängen wir in einem Leben fest, das keine Entwicklungsmöglichkeit mehr zulässt. Wir haben uns und unser Gedanken- und Gefühlsgebäude so eingerichtet, dass es kein Vor und kein Zurück gibt. (Wenn es den Tod als Zustand gibt, dann wäre er vermutlich am ehesten genau eine solche Situation.) In einem solchen Fall, entscheidet sich unsere Seele irgendwann, diese Situation zu verlassen, indem sie unseren Körper verlässt.
Viele Menschen haben Angst vor dem Tod. Es wird immer wieder gesagt, dass es wohl das Unbekannte wäre, wovor wir Menschen Angst hätten. Doch wir kennen das Sterben und auch das, was folgt. Wir waren schon oft auf der Erde und haben sie genauso oft verlassen.
Ich glaube vielmehr, dass wir immer dann Angst vor dem Sterben haben, wenn wir etwas noch nicht fertig haben, wenn z.B. Beziehungen oder Erfahrungen ungeklärt sind oder wir noch etwas erschaffen wollen. Und natürlich haben wir Angst vor dem Tod, wenn wir uns mit unserem Körper identifizieren und nicht mit unserer Seele.
Doch selbst wenn wir nicht alles schaffen, was wir uns für eine Inkarnation vorgenommen haben, ist das nicht schlimm. Wir können ja wieder herkommen, denn wir haben so viele Inkarnationen und Chancen, wie wir wollen.
Nicht immer, aber manchmal haben frühere Inkarnationen, also unsere Entscheidungen, manche Erfahrungen und damit verbundene Reaktionen einen Einfluss auf unser jetziges Leben hier auf der Erde.
GRENZEN VERSUS GRENZENLOSIGKEIT
Das Thema Grenzen finde ich sehr spannend. Darüber nachzudenken, kann zu weiteren Knoten im Gehirn führen.
Es ist logisch, dass aus dem Gedanken, alles sei eins, der Gedanke folgen muss, dass jeder von uns grenzenlos ist. Und wenn wir uns darauf einlassen, uns nach und nach auszudehnen, können wir eine Ahnung von unserer Grenzenlosigkeit bekommen. Je nachdem, wie sehr wir uns einlassen, können wir Milliarden von Galaxien in uns spüren, die alle wir selbst sind.
Es ist ein wunderbares Gefühl, in diese Grenzenlosigkeit zu gehen. Wir können den Frieden, die Freiheit und die Stille spüren und wir können mit unserer Aufmerksamkeit, mit unserem Bewusstsein in jeden Winkel des Universums schauen. Das relativiert manches Problem, das wir hier auf der Erde zu haben scheinen und es übt darin, die Perspektive zu wechseln.
Doch, wenn wir dauerhaft in dieser Grenzenlosigkeit ausharren, können wir hier auf der Erde nichts verwirklichen, denn wir bewegen uns im unendlichen Meer der Möglichkeiten. Doch die Möglichkeiten bleiben eben das: Möglichkeiten. Sie werden nicht zu Wirklichkeiten. Dafür müssen wir uns hier auf der Erde fokussieren.
Als grenzenlose Wesen haben wir viel auf uns genommen, um uns dazu zu bringen zu glauben, wir seien begrenzt. Zunächst haben wir beschlossen zu inkarnieren. Wir haben uns unsere Eltern und das Startsetting gewählt, weil wir eine Idee hatten, was wir auf der Erde erfahren wollen. Gemeinsam mit unserer Mutter und auch ein wenig mit unserem Vater haben wir unseren Körper vorbereitet, in den wir uns dann nach und nach niedergelassen haben.
Mit der Geburt wurden wir in die Welt der Materie gespült und mussten mit der Dichte und den Bedingungen hier auf der Erde klarkommen. Unsere Eltern und unser weiteres Umfeld boten uns einen bestimmten Erfahrungsraum, der dazu führte, dass wir bestimmte Überzeugungen entwickelten. Diese Überzeugungen bilden unsere Grenzen. Mit ihnen können wir in unserer Inkarnation spielen und experimentieren und tun dies dauernd. Manche Grenzen reißen wir komplett ein, manche verschieben wir und manch eine neue Grenze kommt hinzu.
Das Ganze tun wir deshalb, damit wir uns als Schöpfer bzw. Schöpferin erfahren können. Hier sind wir nicht mehr im Meer aller Möglichkeiten, auch wenn dies nur einen Gedanken weit entfernt ist. Hier sind wir in einer Realität, die von unserem individuellen und dem kollektiven Bewusstsein erschaffen worden ist.
Hier können wir nun in das Feld aller Möglichkeiten hineingreifen und bestimmen, was wir von dem allen, das wir eigentlich sind, hier und jetzt im Speziellen sein wollen. Wir haben die Freiheit des unspezifischen AllEs aufgegeben und leben die Freiheit der Wahl. Wir wählen immer in jeder Sekunde, mit jedem Atemzug.
Wenn wir uns jedoch so sehr mit dem beschäftigen, was wir hier vorfinden und unser natürliches Sein komplett vergessen, werden wir es unter Umständen schwer haben, je nachdem, was wir für uns selbst vorbereitet haben und welche Überzeugungen wir in uns tragen.
Nach meiner Erfahrung ist es hilfreich, eine Balance zu finden und zwischen dem Meer aller Möglichkeiten und dem Erfahrungsfeld, das uns die Materie bietet, hin und her zu pendeln. Das eine bringt Ideen und zeigt uns Wege, die wir in der Dichte nicht sehen können und das andere bietet die Möglichkeit, die Dinge auf körperlicher Ebene zu erfahren.
Ich nehme mich selbst immer wieder als eine Art Donut im Universum wahr. Oben und unten kommt das AllEs in mich hinein, der Kringel um mich herum ist das kollektiv erschaffene Erfahrungsfeld und in der Mitte ist mein scheinbar begrenztes Ich.
Sei herzlich gegrüßt von
Tanja Richter
[1] In anderen Kulturen gibt es dafür andere Wesen- oder Gottheiten. Mir fällt da spontan Kali ein, die das eine oder andere Messer in der einen oder anderen ihrer sechs Hände hält, um zu trennen und zu zerstören.